PZG.LE Lern- und Entwicklungsbereiche diagnostizieren und fördern H24 SOP.001

Nummer: PZG.LEDF SP A 23.H24 SOP.001
Veranstalter: PZG.Lern- und Entwicklungsbereiche
Leitung: Sabine Tanner Merlo / Karin Dürr
E-Mail Verantwortliche/r: sabine.tanner@phzg.ch
ECTS-Punkte: 5
Datum: 30.09.2024 - 15.11.2024
Raum: PZG.HO 201 / HO 204
Anlassbeschreibung als PDF:

Standardbezug

Lernziele/Kompetenzen

Ich kann…
1) Fokussieren:
Handlungsbedarf und Schlüsselsituationen erfassen
Leitende Fragestellungen entwickeln
Ich erkenne, dass bei vertiefter Betrachtung die Ausgangslage bzw. Problemlage für eine besondere Förderung (der sog. «Förderanlass») häufig genauer analysiert und geklärt werden muss, bevor unter Berücksichtigung unterschiedlicher Anliegen der Beteiligten überhaupt ein erfolgversprechendes förderdiagnostisches Vorgehen in die Wege geleitet werden kann. Zur Klärung des Handlungsbedarfs vertrete ich insbesondere die grundlegenden, längerfristigen Interessen der Schüler:innen und entwickle daraus den (förderdiagnostischen) Prozess leitende Fragestellungen.

2) Untersuchen
Beobachten
Gespräche führen
Lernprodukte analysieren
Ich kann auf dem Hintergrund erster, vorläufiger Vermutungen zur Problemlage und zum förderrelevanten Lernstand einer Schülerin oder eines Schülers gezielte Beobachtungen in ausgewählten Lernsituationen machen und in geeigneter Form in einem «Förderdiagnostischen Journal» dokumentieren. Dabei kann ich einzelne Beobachtungen von Verallgemeinerungen und Interpretationen unterscheiden. Ich wende solche Unterscheidungen auch bei Aussagen anderer Personen an.

3) Theoriebezug herstellen
Beschreiben:
Ich kann (eine oder mehrere) Beobachtungen oder Testergebnisse zu einem Schüler oder einer Schülerin angemessen verallgemeinern. Ich kann solche Verallgemeinerungen zu förderrelevanten Lernausgangsbedingungen einer Schülerin oder eines Schülers (z.B. betreffend Leistungen, Verhaltensweisen, Wissen und Können in Bezug) in Form einer «Beschreibenden diagnostischen Arbeitshypothese» (BAH) in einem «Förderdiagnostischen Journal» so zusammenfassen, dass daraus genauere Anhaltspunkte für die Förderung abgeleitet werden können.

Ich kann BAH von sogenannten «Erklärenden diagnostische Arbeitshypothesen» (EAH), zu den möglichen Hintergründen bzw. Ursachen von defizitären Leistungen unterscheiden.

Ich halte den Vergleichsmassstab, der in meiner BAH ausgewählten Lernvoraussetzungen (Leistungen, Verhaltensweisen, Wissen und Können) einer Schülerin oder eines Schülers eindeutig fest (z.B. im Vergleich zur Klasse oder zu den Lernzielen der Jahrgangsstufe).

Einzelne meiner BAH beschreiben nicht nur Defizite bei gewissen Lernausgangsbedingungen, sondern auch lernrelevante Ressourcen, die einschlägige Förderprozesse unterstützen können.

Weitere Belege suchen für BAH: Ich kann von einer vorläufigen BAH ausgehen und gezielt nach zusätzlichen Belegen suchen, welche meine BAH stützen (eigene und fremde Beobachtungen, Testergebnisse, Aussagen einer Schülerin oder eines Schülers, usw.)

Erklären:

Ich kann auf der Basis von diagnostischen Daten (Beobachtungen, Aussagen von Schülerinnen oder Schülern, Testergebnissen, usw.) sog. «Erklärende diagnostische Arbeitshypothesen» (EAH) zu den möglichen Hintergründen bzw. Ursachen von defizitären Leistungen und Verhaltensweisen aus einer BAH formulieren und in einem «Förderdiagnostischen Journal» dokumentieren. Solche EAH deuten auf differenziertere Fördermöglichkeiten hin, die über die Förderhinweise hinausgehen, welche aus der entsprechenden BAH abgeleitet werden können.

Ich unterscheide EAH klar von BAH.

Ich berücksichtige bei der Formulierung von EAH mögliche innere und äussere Hintergründe für vermutete Defizite. Dabei prüfe ich, über mehrere EAH betrachtet, insbesondere auch sensorische, kognitive und motivationale Schwierigkeiten sowie ungünstige didaktische, soziale und materielle (physikalische) Bedingungen, die als Erklärungen für vermutete Defizite plausibel erscheinen.

Ich kann die Palette meiner Erklärungsmöglichkeiten bei Bedarf mit Hilfe von einschlägiger
Fachliteratur erweitern.

4) Umsetzung planen

Ziele festlegen:

Ich kann auf der Grundlage einer Förderdiagnose Förderziele bestimmen, die dem aktuellen Lernstand angepasst sind sowie einen hohen Bezug zur aktuellen und/oder künftigen Lebenswelt aufweisen. Ich kann Förderziele so präzise formulieren, dass sie direkt oder indirekt überprüfbar sind. Zu Förderzielen, die nur indirekt überprüfbar sind, kann ich passende Indikatoren formulieren.

Massnahmen planen:

Ich kann direkte und indirekte (kompensatorische) Fördermassnahmen bestimmen und
umsetzen, welche die Erreichung der Förderziele unterstützen. Bei der Planung und Umsetzung der Fördermassnahmen berücksichtige ich gegebenenfalls meine «Erklärenden diagnostische Arbeitshypothesen» (EAH) zu den Hintergründen von defizitären Leistungen und Verhaltensweisen sowie die vorhandenen Ressourcen (z.B. vorhandene Kompetenzen, Interessen, lernförderliche Kontextbedingungen, soziales Umfeld). Die geplanten Massnahmen kann ich fachdidaktisch, psychologisch und/oder durch Wirksamkeitsnachweis begründen. Ich ziehe bei Bedarf Fachliteratur bei, um passende, wissenschaftlich fundierte Förderansätze und Fördermethoden zu bestimmen.

5) Realisieren
Umsetzen:
Ich kann die ausgewählten Fördermassnahmen an die gegebenen Umstände (Schüler:in /Umfeld) anpassen. Ich ziehe bei der Förderarbeit nicht nur die Schüler:in, sondern nach Möglichkeit und Bedarf auch Akteure aus dem pädagogischen Umfeld in die Förderarbeit mit ein (Regellehrpersonen, Fachlehrpersonen, Therapeuten, Eltern, Peers usw.).
Überwachen:
Ich kann bei der Durchführung der Fördermassnahmen die Leistungen der Schüler:innen mit besonderen Lernausgangsbedingungen im Lernverlauf kritisch überprüfen und bei Nicht-Responsivität die Massnahmen revidieren und adaptieren.
6) Evaluieren

Fazit ziehen:
Ich überprüfe spätestens am Ende eines Förderzyklus summativ, ob die Förderziele erreicht worden sind. Für die Überprüfung der Zielerreichung kann die durch meine Förderung erzielten Leistungen der Schüler:innen mit besonderen Lernausgangsbedingungen in Bezug auf Lernfortschritte beurteilen. Dieses Ergebnis kann ich sowohl hinsichtlich der gewählten Förderdiagnose als auch der Fördermassnahme evaluieren.
Erkenntnisse festhalten:
Ich berücksichtige die Evaluationsergebnisse für die Förderdiagnose und Förderplanung im nächsten Förderzyklus. Falls die angestrebten Förderziele nicht oder nur teilweise erreicht wurden, versuche ich plausible Gründe dafür zu finden und für den nächsten Förderzyklus zu berücksichtigen.

Modulbeschreibung

INHALT UND BEGRÜNDUNG
In ihrem Unterrichtsalltag treffen SHP / IF-Lehrpersonen auf Schüler*innen mit besonderen Lernausgangsbedingungen, bei denen die «herkömmlichen pädagogischen Interventionen» nicht zum gewünschten Ziel führen. Aus diesem Grund stehen sie regelmässig vor der Aufgabe, diese Situationen umfassend zu analysieren und gemeinsam mit allen Beteiligten wirksame Lösungen zuhanden einer möglichst zielführenden Förderung zu entwickeln. Das Modul Lern- und Entwicklungsbereiche diagnostizieren und fördern soll die Studierenden zu einer möglichst systematischen und diagnostisch gut abgestützten Vorgehensweise bei der Förderung von Schüler:innen mit besonderem Bildungsbedarf befähigen.

Zum Aufbau der hierfür erforderlichen förderdiagnostischen Kompetenzen wählen die Studierenden einen eigenen Fall aus ihrem Praxisalltag und erstellen ein exemplarisches Förderdiagnostisches Journal (FDI-Journal). Der Aufbau der Kompetenzen verläuft in Anlehnung an das FUTURE-Modell und orientiert sich entsprechend an sechs Phasen:

1) Fokussieren: Handlungsbedarf erkennen und relevante Fragestellungen finden
2) Untersuchen: Lern- und Entwicklungsprofil diagnostisch erfassen
3) Theoriebezüge herstellen: Erfasstes Lern- und Entwicklungsprofil zusammenfassend beurteilen & Einflussfaktoren zur Erklärung des erfassten Lern- und Entwicklungsprofil einbeziehen
4) Umsetzung planen: Lern- und Förderziele bestimmen & Fördermassnahmen planen
5) Realisieren: Gestalten eines integrativen Unterrichts & Heilpädagogische Intervention adaptiv gestalten
6) Evaluieren: Unterricht/Förderung evaluieren

Das Modul «Lern- und Entwicklungsbereiche diagnostizieren und fördern» entstammt in Bezug auf Idee und Umsetzung einer Kooperation mit dem MA SHP der PH Luzern. Die Rohfassung des Journal entspricht einer Vorlage der PH Luzern. Durch diese Kooperation, welche nebst der Verwendung einheitlicher Dokumente auch die Strukturierung des Kompetenzaufbaus betrifft und sich der am MA-SHP in Luzern entwickelten Lehr-Filme bedient, wird ein einheitliches förderdiagnostisches Verständnis von SHP / IF-Lehrpersonen im Raum Zentralschweiz angestrebt.

ORGANISATION
Das Modul gliedert sich in eine 7 wöchige, selbstgesteuerte Erarbeitungsphase, welche wochenweise durch Aufträge angeleitet wird. In Woche 03 finden zwei Blocktage in Präsenz statt.
Für die Blocktage besteht eine Präsenzpflicht.

Bibliographie

Ausbildung PH Luzern (2021): Teilmodulbeschreibungen FDI-Übungen A-C. Luzern: PH Luzern.
Aus- und Weiterbildung PH Luzern (2023): Kompetenzraster Heilpädagogik. Gemeinsame Grundlage der Studienangebote «MA SHP», 2Profil HP SEK I» sowie MAS IF. Kompetenzraster Individuumsorientiert (IO), Fachbereich Fachwissenschaften und Fachdidaktik. Luzern: PH Luzern.
Müller, T. & Joller-Graf, K. (2020): Aktionsforschung als Basiskompetenz von Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen. Luzern: PH Luzern.

Prüfungsleistung

UMSETZUNG EINER SYSTEMATISCHEN FÖRDERDIAGNOSTISCHEN VORGEHENSWEISE DOKUMENTIERT IN EINEM FÖRDERDIAGNOSTISCHEN JOURNAL

Dieser Leistungsnachweis soll den Studierenden die Möglichkeit geben, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in Bezug auf eine systematische und diagnostisch gut abgestützte Vorgehensweise bei der Förderung von Schüler:innen mit besonderem Bildungsbedarf zu zeigen.

Zum Nachweis der erarbeiteten förderdiagnostischen Kompetenzen reichen die Studierenden ein exemplarisches Förderdiagnostisches Journal, welches zu einem eigenen Fall aus dem Praxisalltag erstellt wurde. Das förderdiagnostische Vorgehen orientiert sich am oben beschriebenen Prozessverlauf des FUTURE-Modells (vgl. Modulbeschreibung):


1) Fokussieren: Handlungsbedarf erkennen und relevante Fragestellungen finden
2) Untersuchen: Lern- und Entwicklungsprofil diagnostisch erfassen
3) Theoriebezüge herstellen: Erfasstes Lern- und Entwicklungsprofil zusammenfassend beurteilen & Einflussfaktoren zur Erklärung des erfassten Lern- und Entwicklungsprofil einbeziehen
4) Umsetzung planen: Lern- und Förderziele bestimmen & Fördermassnahmen planen
5) Realisieren: Gestalten eines integrativen Unterrichts & Heilpädagogische Intervention adaptiv gestalten
6) Evaluieren: Unterricht/Förderung evaluieren

Die einzelnen Prozessschritte werden entlang dieser Phasen in Unterkapiteln des FDI-Journals dokumentiert.

Inhaltlich orientiert sich der Leistungsnachweis an Herausforderungen, welche sich für die Schüler:innen im Bereich der überfachlichen Kompetenzen stellen. Somit zielt der im Zentrum stehende Förderbereich der förderdiagnostischen Arbeit auf personale / soziale / methodische Kompetenzen ab.

BEURTEILUNGSKRITERIEN

Die Studierenden reichen ihr FDI-Journal ein. Es handelt sich um einen formativen Leistungsnachweis. Folgende Beurteilungskriterien gelangen zur Anwendung:

Vollständige Abgabe aller Teile: Im förderdiagnostischen Journal bzw. den förderdiagnostischen Journalen sind alle sechs Phasen des Kreislaufes nach FUTURE abgebildet.
Fokussierung: Die aufgeführten Fragestellungen beziehen sich auf den Förderbereich der überfachlichen Kompetenzen (personale / soziale / methodische Kompetenzen).
Untersuchen: Die Belege sind wertfrei, prägnant und gut verständlich formuliert. Allfällige Interpretationen sind als solche deklariert. Sämtliche Belege enthalten die nötigen Quellenangaben.
Theoriebezüge herstellen: Theoriebezüge zu den Förderbereichen sind in Form von beschreibenden und erklärenden Arbeitshypothesen unmittelbar sichtbar und fachlich korrekt. Die Überlegungen können aufgrund der Belege nachvollzogen werden.
Umsetzung planen: Die Förderziele und -massnahmen stützen sich auf die Erkenntnisse aus den drei vorhergehenden Schritten. Bezüge zu den erklärenden Arbeitshypothesen werden explizit gemacht. Die Förderziele sind in operationalisierter Form formuliert. Die Massnahmen sind prägnant und gut verständlich formuliert. Sie beziehen andere Beteiligte (Kind, Klassenkamerad*innen, Lehrpersonen, Therapeut*innen, Erziehungsberechtigte) mit ein.
Realisieren: Zu jedem Förderziel sind wichtige Zwischenschritte, Erfolge aber auch Misserfolge in prägnanter, wertfreier Sprache dokumentiert.
Evaluieren: Es liegt eine summative Bewertung zur Erreichung der Förderziele vor. Diese Bewertung ist gut abgestützt und die Evaluationsmethode ist transparent. Aus der Evaluation wurden handlungsrelevante Erkenntnisse für die weitere Arbeit abgeleitet und benannt.

Bewertungsskala: Erfüllt / nicht erfüllt

Abgabeschluss ist der Freitag der Kalenderwoche 46.