PZG.LE Allgemeines Lernen, Umgang mit Anforderungen H24 SOP.001
Nummer: | PZG.LEAL SP A 23.H24 SOP.001 |
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Veranstalter: | PZG.Lern- und Entwicklungsbereiche |
Leitung: | Sandra Styger |
E-Mail Verantwortliche/r: | sandra.styger@phzg.ch |
ECTS-Punkte: | 5 |
Datum: | 30.09.2024 - 15.11.2024 |
Raum: | PZG.HO 201 |
Anlassbeschreibung als PDF: |
Standardbezug
Lernziele/Kompetenzen
1) Ich kann Lernen als komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Prozessen erklären.
Ich kann:
- Lernen als individuellen, aktiven, auf Erfahrungen beruhenden Prozess, welcher eine nachhaltige Veränderung bewirkt, beschreiben (Gold, 2018).
- die Auffassung von erfolgreichem Lernen als gute Informationsverarbeitung erläutern.
- wesentliche Phasen eines Lernprozesses erläutern (Reiz/Lerngegenstand, Reizaufnahme, Weiterleitung, Speicherung…).
- wichtige Instanzen des Gedächtnisses sowie die neuronale Informationsvermittlung auf der Basis aktueller neurobiologischer und psychologischer Erkenntnisse erklären (Bundschuh, 2023).
- Zusammenhänge zwischen emotionalen resp. motivationalen Prozessen und Lernen erkennen und berücksichtigen.
2) Ich kann Lernerschwernisse und Lernpotenziale analysieren.
Ich kann:
- Neugierde, Wohlbefinden, Interesse bzw. Motivation als Basis erfolgreichen Lernens berücksichtigen und diese Faktoren in meiner Förderung umsetzen.
- Frustration, Desinteresse, Angst, Druck, Stress als Faktoren erkennen, welche Lernprozesse erschweren.
- erkennen, was für das Kind mit seinen speziellen Lernbedürfnissen einfach und was komplex ist (Bundschuh, 2023).
3) Ich kann mein Wissen über Lernschwierigkeiten/-störungen und die damit verbundenen Erscheinungsformen erweitern.
Ich kann:
- Begriffe wie Lernbehinderung, Lernstörung, Lernschwäche, Lernschwierigkeiten definieren.
- Phänomene und Besonderheiten des Lernens und Denkens vor dem Hintergrund des individuellen Lernens und im Sinne von eigenen Möglichkeiten des Kindes in motivationaler, kognitiver, motorischer und sozialer Hinsicht verstehen, analysieren und erklären (Bundschuh, 2023).
- verschiedene Ursachenfaktoren von Lernschwierigkeiten/ -störungen benennen und die Komplexität dieser Faktoren anhand des INVO-Modells (Hasselhorn & Gold, 2022) erklären.
- schulorganisatorische und präventive Massnahmen (Anpassen von Lernzielen, Nachteilsausgleich, Frühförderung, Gestaltung von Übergängen …) erläutern.
- Auswirkungen von Lernschwierigkeiten als Bildungsrisiken analysieren (Gold, 2018).
- eine für das Lernen günstige schulische Lernumwelt beschreiben und das Prinzip der Adaptivität von Unterricht erläutern.
4) Ich kann Lernvoraussetzungen und Lernverläufe diagnostizieren.
Ich kann:
- das komplexe Zusammenspiel der individuellen Lernvoraussetzungen (Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Vorwissen, Lernstrategien, Motivation und Selbstkonzept, Volition) analysieren (Gold, 2018).
- mittels ICF die Situation der Betroffenen im Umgang mit Anforderungen und Lernen auf den verschiedenen Ebenen beschreiben und dabei nicht nur Schwierigkeiten, sondern auch Ressourcen dokumentieren (Dohrenbusch et al., 2005).
- aus Handlungen und Verhalten eines Kindes auf Können und Möglichkeiten sowie auf innere Vorgänge kognitiver Prozesse schliessen.
- durch eine förderdiagnostische Herangehensweise Lernbarrieren im Sinne behindernder Bedingungen analysieren.
- gezielte Beobachtungen und Beschreibungen der Lernausgangslage als Grundlage für eine Analyse im Sinne des FUTURE-Modells (Müller & Joller-Graf, 2020) nutzen.
- durch direkte Gespräche mit dem Kind (und anderen Beteiligten) Einblick in kognitive Prozesse erhalten.
- durch Hinzunahme von Entwicklungsskalen, Screenings und Tests sowie Abklärungen von Fachpersonen (SPD) zusätzliche Informationen über Lernprozesse gewinnen und diese in die förderdiagnostischen Überlegungen integrieren.
- jegliches Verhalten von Kindern als für diese zweckvoll und sinnvoll verstehen.
5) Ich kann indizierte Fördermassnahmen einleiten.
Ich kann:
- Lernen im schulischen Kontext als kumulativen Lernprozess erkennen und den Aufbau systematischen, miteinander verknüpften Wissens sowie Vorwissen als Voraussetzung künftigen Lernerfolgs anerkennen und in meiner Förderung umsetzen.
- Fördermassnahmen im Bereich der Metakognition, Selbstregulation sowie der exekutiven Funktionen als mögliche Interventionen zum Entgegenwirken von Störungen im Problemlöseprozess in meiner Praxis adäquat umsetzen (Bundschuh, 2023; Brunsting et al., 2023)
- motivational-emotionale Aspekte der Lernprozesse in meiner Förderung berücksichtigen und umsetzen (Bundschuh, 2023).
- Lernen selbst als Unterrichtsgegenstand und -thema verstehen, als Möglichkeiten im Rahmen der Förderung thematisieren sowie in meiner Rolle als SHP aktiv und beratend vermitteln (Bundschuh, 2023).
- konkrete Förder- und Lernangebote in ganzheitliche, spielerische Prozesse einbetten.
- das Spiel als spezielle, intrinsisch motivierte Lernform nutzen, um ganzheitliche Förderungs- und Lernprozesse anzuregen, welche Freude und entsprechende Emotionalität vermitteln (Bundschuh, 2023).
- Lernen als kommunikativen Prozess fassen und die bedeutsamen und beziehungsstiftenden Prozesse mitmenschlicher Kommunikation berücksichtigen.
Modulbeschreibung
Lernen wird in der Pädagogischen Psychologie u.a. als gute Informationsverarbeitung beschrieben. Ziel dieses Moduls ist es, Lernprozesse von Kindern besser zu verstehen und ihre individuellen Voraussetzungen (kognitive, motivationale und volitionale Selbstregulation) als komplexes Zusammenspiel zu fassen.
Bezüglich der individuellen Voraussetzungen erfolgreichen Lernens bietet das INVO-Modell (Hasselhorn & Gold, 2022) einen entsprechenden Orientierungsrahmen. Das Modell zeigt, dass im kognitiven Bereich die selektive Aufmerksamkeit und das Arbeitsgedächtnis, Strategien und metakognitive Regulationen sowie das Vorwissen bedeutend für erfolgreiches Lernen sind. Im motivational-volitionalen Bereich sind entsprechende Voraussetzungen in der Motivation und dem Selbstkonzept sowie der Volition und den Emotionen zentral. Diese fünf Merkmalsbereiche der individuellen Voraussetzungen stehen im Zentrum der theoretischen Auseinandersetzung im Modul.
Weiter werden im Modul Schwierigkeiten im Lernen thematisiert. Schwierigkeiten im Lernen können allgemein als Passungsproblem zwischen den Lernvoraussetzungen und den Lernangeboten verstanden werden. Ebenfalls können Schwierigkeiten in einem Funktionsbereich (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Motivation…) oder Probleme im Zusammenspiel der Funktionen zu Lernschwierigkeiten führen. Mögliche Ursachen für Lernschwierigkeiten werden im Modul beleuchtet.
Die Diagnostik wird im Sinne des FUTURE-Modells als Schritt des «Untersuchens» verstanden. Durch eine gezielte Analyse der Lernvoraussetzungen und der Lernsituation (Umwelt) kann verstanden werden, weshalb Lernen schwerfällt. Dieser Verstehensprozess gilt als Grundlage für die Planung und Umsetzung einer gezielten Förderung. Nebst möglichen Fördermassnahmen für die Einzelförderung richtet sich in diesem Modul der Fokus auf die Förderung von Gruppen oder Klassen. Verschiedene Interventionsmöglichkeiten (auch erlebnispädagogische, kooperative, gestalterische, bewegungsorientierte Ansätze) werden diskutiert. Ausgangspunkt ist ein adaptiver Unterricht im Verständnis eines guten integrativen Unterrichts. Bezüglich spezifischen Förderprogrammen stehen jene im Fokus, welche funktionale Lernvoraussetzungen verbessern, selbstgesteuertes Lernen vermitteln sowie die Lernmotivation steigern. Die Förderung der Exekutiven Funktionen und der Selbstregulation stehen während den Blocktagen thematisch im Zentrum.
Mit den überfachlichen Kompetenzen weist das Modul auch einen starken Bezug zum Lehrplan 21 auf.
Aus einer medizinischen Sicht werden vorrangig kognitive Beeinträchtigungen thematisiert.
Bibliographie
Brunsting, M., Hasler, J., Heller, L. & Lempen, G. (2023). Von Lernschwierigkeiten zu Lernerfolgen - neue und bewährte Wege zu guten Exekutiven Funktionen?: Grundlagen und Praxis in Schule und Therapie. Bern: Haupt Verlag.
Bundschuh, K. (2023). Heilpädagogische Psychologie (5. Aufl.). Ernst Reinhardt. https://doi.org/10.36198/9783838560915
Dohrenbusch, H., Godenzi, L. & Boveland, B. (2005). Differentielle Heilpädagogik. SZH.
Gold, A. (2018). Lernschwierigkeiten: Ursachen, Diagnostik, Interventionen (2. Aufl.). W. Kohlhammer. https://doi.org/10.17433/978-3-17-032278-3
Grosche, M., Fussangel, K. & Gräsel, C. (2020). Kokonstruktive Kooperation zwischen Lehrkräften. Aktualisierung und Erweiterung der Kokonstruktionstheorie sowie deren Anwendung am Beispiel schulischer Inklusion. Zeitschrift für Pädagogik, 66(4), 461–479. https://doi.org/10.25656/01:25803
Hasselhorn, M. & Gold, A. (2022). Pädagogische Psychologie (5. überarb. Aufl.). W. Kohlhammer.
Heimlich, U. (2022). Pädagogik bei Lernschwierigkeiten?: Sonderpädagogische Förderung im Förderschwerpunkt Lernen (3., aktual. Aufl.). Julius Klinkhardt.
Lauth, G. W., Grünke, M. & Brunstein, J.C. (2014). Interventionen bei Lernsto¨rungen?: Förderung, Training und Therapie in der Praxis (2. überarb. und erw. Aufl.). Hogrefe.
Müller, T. & Joller-Graf, K. (2020). Aktionsforschung als «Basiskompetenz» von Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen. Pädagogische Hochschule Luzern. https://doi.org/10.5281/zenodo.4478932
Prüfungsleistung
Leistungsnachweis
Der Leistungsnachweis (LNW) gliedert sich in zwei Teile. Ziel des LNW ist es, sich einerseits in einen Teilbereich der Theorie durch einen Ko-Konstruktiven-Prozess zu vertiefen und andererseits eine Intervention/Fördermassnahme in der eigenen Praxis umzusetzen und die Erkenntnisse daraus zu dokumentieren.
In einem ersten Teil erstellen die Studierenden in einer Gruppe ein Schaubild zu einem Theoriebereich «Ursachen», «Diagnostik» oder «Förderung». Durch einen Ko-konstruktiven-Prozess (Grosche et al., 2020) sollen die Studierenden ihr individuell erworbenes Wissen aufeinander beziehen und in Form eines Schaubildes (im Sinne einer visualisierten Wissensübersicht) im Konsens zu gemeinsamem Wissen zusammenführen. Das Schaubild soll die Studierenden dazu anregen, die verschiedenen theoretischen Aspekte fachlich angemessen (inhaltlich-logisch) zu repräsentieren und zusätzlich mit ihrem individuellen Blickwinkel (bspw. Praxisbezug, vertiefte Auseinandersetzung mit einzelnen Aspekten…) anzureichern. Durch diesen Prozess entsteht bedeutungsvolles Lernen, welches vorhandenes Wissen, neue Informationen und individuellen Kontext integriert.
Das «verdichtete» Wissen wird an den Blocktagen zwischen den Gruppen für alle Theoriebereiche präsentiert und geteilt, um somit das theoretische Basiswissen zu vernetzen und zu vertiefen. Dieser erste Teil des LNW dient der Wissenserweiterung und -sicherung.
Im zweiten Teil des LNW sollen die Studierenden in ihrer Praxis eine Intervention resp. erste Schritte einer Intervention erproben. Dazu formulieren sie ein Förderziel im Bereich «Lernen», welches darauf abzielt, selbstgesteuertes Lernen zu vermitteln, funktionale Lernvoraussetzungen zu verbessern oder die Lernmotivation zu steigern. Im Fokus der Intervention steht die Förderung von Lernvoraussetzungen resp. -verhalten und nicht von inhaltlichen Lernrückständen. Die Intervention wird als Gruppen-/Klassenintervention geplant und umgesetzt (z.B. Lektionseinstiege, -abschlüsse, Übergänge …). Die Umsetzung der Intervention wird schriftlich dokumentiert. Die schriftliche Dokumentation enthält das Förderziel, eine Beschreibung zentraler Erkenntnisse aus der Umsetzung und eine abschliessende (selbst-)kritische Reflexion.
Der schriftliche Bericht umfasst 12'000 – 15'000 Zeichen (inkl. Leerschläge).
Die Rückmeldung zum Leistungsnachweis umfasst folgende Bewertungskriterien:
1) Das Schaubild ist klar strukturiert und aussagekräftig gestaltet.
2) Die Inhalte des Schaubilds sind theoretisch fundiert, inhaltlich-logisch dargestellt und mit individuellen Perspektiven angereichert.
3) Die schriftliche Dokumentation ist logisch und kohärent aufgebaut, zeugt von einer fachlichen Tiefe und enthält eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung.
4) Die Struktur und der Aufbau der schriftlichen Dokumentation orientiert sich an einem formulierten Förderziel, der Beschreibung zentraler Erkenntnisse sowie einem abschliessenden Fazit.
5) Die formalen Vorgaben werden eingehalten.
Eintrittsbedingungen
Modul Lern- und Entwicklungsbereiche diagnostizieren und fördern erfolgreich oder parallel (für Vollzeitstudierende) absolviert.